Zum 25. Mal treten bei der IKA, der Olympiade der Köche, im Februar die besten Köche der Welt gegeneinander an. Eine Frage treibt alle Teilnehmer gleichermaßen um: Wie wird man eigentlich Olympiasieger? Ehemalige Teilnehmer, die heute in der IKA-Jury sitzen, wissen, welche Voraussetzungen die Köche der insgesamt 59 antretenden Mannschaften mitbringen müssen, um den Sieg nach Hause zu holen. Wir haben mal nachgefragt.
Der steinige Weg aufs Treppchen
Leicht ist der Weg aufs Siegertreppchen definitiv nicht – so viel sei vorweg gesagt. „Es braucht Talent und jahrelange Erfahrung, um bei einem Wettbewerb der Besten der Welt bestehen zu können“, sagt Uwe Staiger, Präsident der Meistervereinigung Gastronom.
Als Juror hat er schon so manchen großen Koch-Wettbewerb begleitet. „Wichtig sind darüber hinaus der Support von außen und ehrliches Feedback, durch das sich die Teams weiterentwickeln können.“ Doch all das bringt gar nichts, wenn mittendrin der Strom ausfällt, die Technik nicht funktioniert oder sich ein Teammitglied verletzt. Da hilft nur weitermachen und irgendwie 150 Prozent geben. Die Jurymitglieder, die die Teilnehmer bei der IKA/Olympiade der Köche bewerten, wissen, worauf es für den Sieg ankommt. Schließlich waren sie alle bereits selbst als Teilnehmer beim Wettbewerb dabei.
Kochwettbewerb der Superlative
Vom neuen kulinarischen Umfeld der Intergastra als Fachmesse für Hotellerie und Gastronomie erhofft man sich noch mehr Branchenvertreter vor Ort, die die Teams aus aller Welt anfeuern. Einige Länder haben angekündigt, ihre Mannschaften mit eigenen Fan-Trupps anzufeuern und den Profis beim Live-Kochen über die Schulter zu schauen. „Da kommt in diesem Jahr also ordentlich Wettkampfstimmung auf!“, ist VKD-Chef Daniel Schade überzeugt. Er rechnet mit mehr als 2.000 Köchinnen, Köchen sowie Patissiers, die sich im fairen Wettkampf messen. Damit bricht die diesjährige Veranstaltung alle bisherigen Rekorde.
Als Ausrichter der Veranstaltung gibt der Verband der Köche sowohl Jungköchen als auch Küchenchefs eine Bühne und die Gelegenheit, ihr Potenzial zu zeigen. Bei der Planung und Organisation erhält der VKD tatkräftige Unterstützung durch den Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg und durch die Messe Stuttgart. „Bei den Vorbereitungen zur Intergastra und zur Koch-Olympiade muss ein Rad ins andere greifen, damit alles reibungslos läuft und im Februar das gesamte Equipment und die Küchenausstattungen der Teams parat stehen“, sagt Projektleiter Markus Tischberger von der Messe Stuttgart. Exakte Planung und genaue Vorgaben an die Mannschaften seien daher unabdingbar, wie Tischberger betont.
So punkten die Teilnehmer bei der Jury
Sobald das olympische Feuer entzündet ist, geht es für die Teilnehmer der IKA/Olympiade der Köche darum, möglichst viele Punkte zu erkämpfen. Maximal 100 Punkte können die Juroren je Team vergeben. Geschmack ist neben der Optik der Speisen immer noch am wichtigsten.
Aber auch ein vernünftiges Mise en Place, die Zubereitung der Speisen, die angewendeten Kochtechniken und ihre Ausführung, die Zusammenarbeit im Team, ein geringer Einsatz von Plastik, die maximal effektive Verwertung von Lebensmitteln und ein hohes Maß an Hygiene am Arbeitsplatz spielen ebenfalls eine Rolle. Insgesamt 60 Juroren bewerten die Leistung der Teams und entscheiden, wer sich am Ende des Tages über Gold, Silber oder Bronze freuen darf.
Die Foodtrends von morgen
In 22 gläsernen Wettbewerbsküchen – sechs für die Jugend-Nationalmannschaften, acht für die Nationalteams sowie acht für die Teams des Community Caterings und die Military-Teams – bereiten die IKA-Teilnehmer unter höchstem Zeitdruck rund 8.000 internationale Menüs zu.
Vier Tage lang kämpfen die Kochteams aus insgesamt 70 Ländern bei der Olympiade der Köche um den Sieg und wagen sich dafür auch mal an außergewöhnliche Menükreationen heran. Erfahrungsgemäß zeigt ein Blick auf die Teller der Favoritenteams die zukünftigen Trends in der Branche auf. Zumindest gelten die Köche der Nationalmannschaften als Impulsgeber.
Beim diesjährigen Wettkampf sind Storytelling und Sharing wichtige Themen. Deshalb gehört die Food-Ausstellung mit Aspik überzogener, kalter Küche auch der Vergangenheit an. „Das war einfach nicht mehr tragbar und entspricht nicht mehr dem, was die Köche in ihrem Alltag leisten“, erklärt Frank Widmann, der bei der IKA/Olympiade der Köche den Juryvorsitz innehat. „Stattdessen haben wir den Chef‘s Table eingeführt. Damit wollen wir Wettbewerbsbedingungen schaffen, die der Realität der Köche entsprechen“, so Widmann.
In der neuen „Chef’s Table“-Disziplin müssen die Nationalmannschaften sieben verschiedene Speisefolgen für zwölf Personen mit Dips, kalten und heißen Platten sowie Petit Fours kredenzen. Alle Speisen präsentiert und erklärt der jeweilige Teamchef den Gästen am Tisch. In der zweiten Disziplin, dem „Restaurant of Nations“, müssen die Teilnehmer ein Drei-Gänge-Menü für 110 Personen zubereiten und servieren. Auch das dürfte den Köchen aus dem Restaurantalltag durchaus bekannt sein. Je Disziplin bewertet ein Jurorenteam aus fünf bis sieben erfahrenen Kollegen die Kreationen.
Voraussetzung für Juroren-Ehre
Unter Wettbewerbsbedingungen in einer fremden Küche zu kochen, ist kein Zuckerschlecken, wie Frank Widmann aus eigener Erfahrung weiß. Er hat ebenfalls im Nationalteam gekocht, eine der Voraussetzung für den Sitz in der Jury.
Um es in die Auswahl zu schaffen, müssen die Kollegen außerdem alle vorbereitenden Seminare der Juroren-Ausbildung mit Bravur absolvieren. Dabei lernen sie unter anderem, wie sie die Teams korrekt bewerten. Zudem müssen sie vor ihrem ersten Einsatz als sogenannte Rookies bei Wettbewerben an der Seite von erfahreneren Kampfrichter mitlaufen.
Köche, die das Potenzial zum Juror haben, können vom Verband der Köche und vom Culinary Commitee vorgeschlagen werden, sollten aber die antretenden Nationen des Wettbewerbs weitestgehend repräsentieren, um eine faire Bewertung zu gewährleisten. Einige Empfehlungen kommen auch aus dem Netzwerk. „Die meisten Kollegen kennen sich ohnehin seit Jahren und wissen, auf wen sie sich verlassen können und wer in der Lage ist, die verantwortungsvolle Aufgabe eines Jurors zu übernehmen“, sagt der Juryvorsitzende, der am Ende das Jury-Team zusammenstellt
Ein kompetenter Juror muss also am Puls der Zeit sein und die regionalen Spezialitäten der Teams kennen. In den USA isst und kocht man einfach anders als in Asien und es werden andere Lebensmittel eingesetzt. In Mexiko wird zum Beispiel ein schwarzer Pilz verwendet, der auf Mais wächst. Dieser wird getrocknet und gemahlen und dient in der mexikanischen Küche als typisches Gewürz für viele Gerichte. „Bei der Bewertung sollte die Jury solche kulturellen, ländertypischen Besonderheiten beachten. Das ist wichtig, um die Individualität der Länder zu wahren und um objektiv bewerten zu können“, sagt Widmann.
Hohe Anforderungen für Jungköche
Ohne Engagement geht es auch in den Teams nicht. Die Teilnahme am Wettkampf ist ehrenamtlich und bedeutet für die Köche der Nationalmannschaften viel harte Arbeit und Entbehrung während der Vorbereitungen.
„Mindestens an vier Tagen im Monat wird trainiert – zusätzlich zum Job natürlich. Daneben bleibt kaum noch Zeit für Familie oder andere Hobbys“, weiß Gert Klötzke, der in den Jahren 2000 und 2004 mit der schwedischen Nationalmannschaft zweimal selbst am Wettbewerb teilnahm und die Meisterschaft für sich entschied. 2012 wiederholte das Team aus dem hohen Norden den Erfolg. Die Schweden zählen auch in diesem Jahr klar zu den Favoriten.
„Es gibt natürlich Garanten für eine hohe Platzierung bei der IKA/Olympiade der Köche“, gibt Juror Andreas Köhne zu. Schließlich nähme jedes Team mit dem Ziel zu gewinnen am Wettbewerb teil. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung rät Andreas Köhne aber dazu, Überraschungsteams wie die österreichische Jugend-Nationalmannschaft nicht zu unterschätzen. Die Österreicher gewannen zuletzt den World Cup in Luxemburg. „Auch die Ostblockländer machen ihre Hausaufgaben und lernen ständig dazu“, so der Juror. Die Topteams sind aus seiner Perspektive neben den Skandinaviern vor allem das Team aus Singapur, das 2016 die IKA/Olympiade der Köche gewann. Die Deutschen hingegen brachten das letzte Mal 1980 den Pokal nach Hause. Da sind die Nachbarn aus der Schweiz schon erfolgreicher gewesen. Sie gewannen die IKA/Olympiade der Köche 1996, 1988 und 1976 und gelten auch in diesem Jahr als heiße Anwärter für den Titel. Ebenso gilt die Konkurrenz aus Kanada (Sieger 1992) und Japan (Sieger 1972) als besonders stark.
Der Sieg ist auch das Ziel der U-25-Köche aus den Jugend-Nationalmannschaften. „Um ein Gewinnerteam zu formen, braucht es allerdings schon so sechs bis acht Jahre“, meint Juror Uwe Staiger. „Jeder Wettbewerb schweißt das Team enger zusammen, sie verfeinern ihre Kenntnisse, verbessern ihre Fähigkeiten und tasten sich so langsam an den großen Erfolg heran.“ Die Teams der Jugend-Nationalmannschaften müssen sich bei der IKA/Olympiade der Köche, wie die erfahrenen Kollegen, im Wettbewerb „Restaurant of Nations“ beweisen. Für sie verringert sich zwar die Gästeanzahl, nicht aber der Anspruch der Jury. Jedes Team muss ein Drei-Gänge-Menü für 60 Gäste auf die Teller bringen. In der Disziplin „IKA Buffet“ sollen sie hingegen ein Buffet für zwölf Personen zubereiten. Mit dabei: kaltes und warmes Finger Food, eine warme Hauptspeise, Meeresfrüchte, Wild und Desserts. Bei der Zubereitung in der gläsernen Küche schauen ihnen nicht nur die Gäste und Besucher ganz genau auf die Finger, sondern auch die für den Arbeitsplatz verantwortlichen Juroren. Das erhöht natürlich den Druck. „Ein Teil der Juroren bewertet in der Küche die Zusammenarbeit, Hygiene und fachliches Können, während die anderen rein für das Tasting zuständig sind“, erklärt VKD-Vizepräsident Hans-Peter Achenbach. Als Mitglied und später als Co-Trainer der deutschen Jugend-Nationalmannschaft weist er einige Jahre Erfahrung im Köche-Wettkampf auf.
Der Wille zum Sieg
Auch Thomas Wassink, der als Truppen-Fachlehrer bei der Kochschule der Bundeswehr tätig ist, wird auf der IKA/Olympiade der Köche als Juror vertreten sein.
Er begleitet den Wettbewerb als Chairman und bewertet mit seinen Jurykollegen die GV- und Military-Teams. „Es braucht Wettbewerbserfahrung und den unbedingten Willen zum Sieg, außerdem die Bereitschaft seine Schwächen zu erkennen und sich zu verbessern“, weiß Wassink.
Eine gute Voraussetzung für das Gewinnerteam sei zudem eine Mischung aus jungen Kollegen, kreativen Food-Enthusiasten und erfahreneren Köchen. Am Ende entscheide aber die Tagesform über Sieg oder Niederlage – und eine Portion Glück. Bei so manchem Wettbewerb sorgten technische Probleme, ein Stromausfall oder ein verletztes Teammitglied dafür, dass wertvolle Punkte verloren gingen. Solche Missgeschicke sind den IKA-Teilnehmern nicht zu wünschen.
Die Spezialisten der Gemeinschaftsverpflegung sind aber durchaus erfahren im Umgang mit ungewöhnlichen Situationen und gelten zurecht als Organisationstalente. Bei der Ausrichtung des besten, kreativsten und gesündesten Mittagstischs müssen die GV-Teams sich in der Disziplin „Restaurant of Community Catering“ behaupten. Wichtige Kriterien sind dabei eine akkurate Zubereitung, die korrekte Kalkulation von Zutaten und Preisen sowie eine ansprechende Speisenausgabe.
In der Kategorie „Culinary Art“ ist echte Handwerkskunst von den Regionalmannschaften gefordert. Die Teams müssen sich in der hohen Kunst des Fingerfoods beweisen und ein exklusives Menü servieren. Analog dazu bereiten die Teilnehmer der „Pastry Art“ kunstvolle Desserts und Gebäckvariationen zu. Noch filigraner geht es nur bei den Einzelausstellern zu, die sich mit ihren essbaren Kunstwerken aus Gemüse, Früchten, Käse, Zucker oder Schokolade immer wieder als Publikumsmagnet erweisen.
Digitalisierung für mehr Transparenz
„Die Punkte, die die Teams von den Juroren erhalten, werden digital erfasst und dann der Durchschnitt ermittelt“, erklärt der Juryvorsitzende Frank Widmann. „Das digitale Bewertungssystem wurde beim World Cup in Luxemburg 2014 eingeführt und hat sich seitdem bewährt“, sagt IKA-Juror Carlo Sauber vom Culinary Commitee der Worldchefs, der für die Digitalisierung mitverantwortlich war.
Jedem Team wird nach der Anmeldung ein QR-Code zugeteilt, den die Juroren für die Bewertung abscannen. „Die Daten werden direkt gespeichert, um so Manipulationen auszuschließen. Dadurch wird der Wettbewerb schneller, transparenter, fairer und unabhängiger“, führt Carlo Sauber aus. Dank des digitalen Systems sind auch Abweichungen sofort erkenntlich. „Weicht die Punktezahl eines Jurors in der Gruppe offensichtlich von denen der anderen ab, muss er seine Entscheidung verteidigen. Hier heißt es auch schon mal Rückgrat beweisen“, lautet Widmanns Hinweis.
Die Besten der Besten verdienen Gold
Ausgesprochen selten, aber durchaus möglich, ist eine 100-Punkte Bewertung für eine herausragende Leistung. Dafür gibt es eine Goldmedaille mit Auszeichnung. Ebenfalls Gold verdienen die Teams, die im Schnitt mit mindestens 90 Punkten bewertet wurden. Mindestens 80 Punkte sind für Silber nötig, 70 Punkte für die Bronze-Medaille.
Genau wie bei der sportlichen Olympiade werden an allen vier Wettbewerbstagen je nach Punktestand Gold-, Silber- und Bronzemedaillen verliehen. Bei der Gesamt-Siegerehrung am Ende der IKA/Olympiade der Köche entscheidet die Gesamtpunktzahl, wer ganz oben auf dem Treppchen steht und Olympiasieger wird. Das Nationalteam, das bei den Wettbewerben Restaurant of Nations und am Chefs Table am meisten Punkt kassiert hat, darf sich dann über die Auszeichnung als Olympiasieger der Nationalmannschaften freuen. Auch unter den Jugend-Nationalmannschaften wird das beste Team aus den Wettbewerbssiegern beim Restaurant of Nations und dem IKA-Buffet ermittelt. In der Kategorie Community Catering erfolgt die finale Wertung für ebenfalls nach diesem Punktesystem. Wer bei den Regionalmannschaften die Nase vorn hat, darf sich mit dem Titel „IKA-CUP-Gewinner“ schmücken. Lediglich die Einzelaussteller erfahren ihre Platzierung am jeweiligen Wettbewerbstag und werden direkt mit Medaillen und Urkunden ausgezeichnet. Die Vergabe erfolgt aber nach demselben Punkteschema wie bei den Teams und bei voller Punktzahl gibt es ebenso eine gesonderte Ehrung.