Beim ersten foodlab in Wien, das von der Witzigmann Academy organisiert wurde, stand das Produkt im Fokus der Aufmerksamkeit. Größen der internationalen Gastronomie wie Ewald Plachutta, Matthias Hahn (Ducasse, Paris), Wolfgang Puck, Heinz Reitbauer (Steirereck, Wien), Jan Hartwig (Atelier, München) und natürlich Eckart Witzigmann diskutierten in halbstündigen Panels über die Zukunft der Gastronomie.
Die Spitzengastronomen gingen gemeinsam der Frage nach, was „gutes Essen“, „Saisonalität“ und „Regionalität“ ausmacht und wie sich diese Attribute glaubhaft kommunizieren lassen. Einig sind sich alle, dass hervorragende Lebensmittel die Eckpfeiler für eine gute Küche sind. „Wir wollen erreichen, dass die Leute sich auf die Lebensmittel zurückbesinnen und sich wieder mehr mit dem Produkt auseinandersetzen“, sagt Gregory Emmel, der das foodlab mitorganisiert hat. Mit der Veranstaltung sollen deshalb jährliche Impulse geschaffen werden, die unter anderem zum Neudenken der Gastronomie anregen.
„Gutes Essen“ darf kein Privileg sein
Für die Spitzengastronomie ist der Einsatz von Waren allererster Güteklasse selbstverständlich und immer mehr Gastronomen setzen auch auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Landwirten und Produzenten. Allerdings sollte „gutes Essen“ nicht nur in der Spitzengastronomie gelebt werden, sondern sich ebenso in anderen Gastronomieformen sowie der Gemeinschaftsverpflegung wiederfinden. Wichtig sei dabei, den Gästen zu erklären, woher die Lebensmittel stammen und wie sie hergestellt wurden. Das Wissen darum fehlt in vielen Fällen – sowohl beim Koch als auch beim Gast. Das muss sich wieder ändern, meinen die foodlab-Teilnehmer. Die Geschichte hinter den Lebensmitteln verdeutlicht erst ihren Wert und sorgt für mehr Nachvollziehbarkeit bei der Preisgestaltung.
Um nachhaltige Gastronomie für alle Betriebsformen leistbar zu gestalten, wurden in der Profirunde ebenso moderne Herstellungsverfahren besprochen. Denn die Frage, wie die Betriebsgastronomie in zehn bis zwanzig Jahren aussieht, bleibt weiterhin offen. Speisen aus dem 3D-Drucker, robotisierte Vorgänge, die an die individuellen Ernährungsgewohnheiten und Besonderheiten eines jeden Menschen angepasst sind oder Kantinen-Apps mit Option zur Vorbestellung sind durchaus vorstellbar.
Produzentenmarkt unter seltener Zitruspracht
Während die Diskussionen auf der Bühne für jede Menge Gesprächsstoff sorgte, boten nebenan in der berüchtigten Orangerie des Schloss Schönbrunn Käser, Imker, Pilzzüchter, Landwirte und Winzer derweil ihre gut gehüteten Schätze zum Verkosten an. Michael Bauer stach dabei als Redner und Produzent mit seinem über jahrzehntelange Arbeit erworbenen Wissen um den Anbau von erlesenen Kräutern, essbaren Blüten, außergewöhnlichen Gemüsesorten und Obstraritäten besonders hervor. Gemeinsam mit seiner Frau Waltraud liefert er den Stoff, aus dem Spitzenköche ihre Menüträume spinnen. Genau solche Experten brauchen Köche als Partner an ihrer Seite, um ihren Gästen die Geschichte hinter dem Gericht schmackhaft zu machen.
Hat Regionalität eine Zukunft?
Doch auch Regionalität hat seine Grenzen und so blieb für die Spitzengastronomen die Frage nicht aus, ob die regionale Vielfalt genügend exotisches Potential in sich birgt, um sich gegen das Luxus-Standardangebot der internationalen Sternegastronomie zu behaupten. Nicht jeder Betrieb könne es sich leisten, auf Pfeffer zu verzichten und im Winter überwiegend mit Kohl und Rüben zu kochen. So müsse jeder Gastronom seinen Weg finden, um seinen Betrieb so nachhaltig wie möglich und dennoch wirtschaftlich aufzustellen. Der Weg zu einer nachhaltigeren Gastronomie ist beschritten, die kommenden Jahre werden zeigen, wie er sich entwickelt.