Cafébetreiber und Barista-Weltmeister Christian Ullrich hat einige gute Tipps auf Lager, um durch die Krise zu kommen.

Kaffee in der Krise

Kaffee ist das zweitwichtigste Handelsgut nach Erdöl. Und in Zukunft steigt sein Wert sogar noch. Die Unruhen im Kaffeeanbaugebiet Kolumbien, aber auch die Folgen des Klimawandels – Frostschäden an brasilianischen Kaffeepflanzen führten zuletzt zu immensen Ernteausfällen – lassen den Kilopreis für Kaffee steigen. „Pro Kilo müssen wir mit 1,50 bis 2,00 Euro mehr rechnen als noch vor zwei Jahren“, weiß Christian Ullrich, der im Sommer gerade ein neues Café und eine Kaffeerösterei in Bamberg eröffnet hat. Bei den steigenden Preisen hilft es nur, einen kühlen Kopf zu bewahren und vernünftig zu kalkulieren, um die Mehrkosten zu erwirtschaften. Im Gespräch mit den Gästen rät Ullrich allerdings davon ab, über den Preis der Tasse Kaffee zu diskutieren. „Wir erzählen lieber, woher wir unseren Kaffee beziehen, berichten von den Kaffeebauern, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten. Das sorgt für Wertschätzung – für den Kaffee und für unsere Arbeit“, sagt der Barista.

Die Aussagen von Christian Ullrich kommen nicht von ungefähr, denn er ist nicht nur Inhaber einer Rösterei, Cafébetreiber und Barista-Weltmeister. Ullrich kennt sich aus in der Welt des Kaffees und vermittelt sein Wissen in Kaffee-Workshops auf Fachveranstaltungen wie der INTERGASTRA. Während der Leitmesse für Hotellerie und Gastronomie vom 5. bis 9. Februar 2022 heißt Christian Ullrich die Teilnehmenden jeden Morgen zum Coffee Morning Talk willkommen.

Mitarbeitende werden zu Coffee-Trainern

Viel schwerwiegender als die steigenden Preise empfindet Christian Ullrich den anhaltenden Mitarbeitermangel. Das entscheidendste Kriterium, weswegen der Barista damit nicht zu kämpfen hat, ist sein hochkarätiges Weiterbildungsangebot. „Ich möchte, dass meine Mitarbeitenden nicht nur im, sondern am Unternehmen mitarbeiten“, erläutert Ullrich. Für sein Ausbildungsprogramm hat er deshalb drei Stufen definiert. Wer in seinem Café arbeitet, lernt als erstes alles über das Unternehmen und die zahlreichen Kaffee- und Espressosorten. Alle Fakten sind digital einsehbar. Selbst Informationen wie Einkaufspreise sind für alle zugänglich. Diese Art der Offenheit und Transparenz setzt Vertrauen voraus, sorgt aber auch dafür, dass die Mitarbeitenden geschäftliche Entscheidungen besser nachvollziehen können. In der zweiten Stufe des Ausbildungsprozesses beginnen die KollegInnen mit dem Service am Gast. Außerdem werden sie in die hohe Kunst des Kaffeebrühens eingeführt und lernen die Rezepturen von Spezialitätenkaffees kennen. Erste Versuche in der Latte Art stehen ebenfalls auf dem Programm. In Stufe drei geht es richtig in die Tiefe und Rezepturen dürfen mitentwickelt werden. „Wir bilden unsere Leute außerdem zu Coffee-Trainern aus, sodass sie in der Lage sind, ihr Wissen anderen zu vermitteln“, sagt Ullrich. „Als Café mit gut ausgebildeten Mitarbeitenden können wir auf diese Weise zum Treffpunkt für eine Special Interest Community werden“, spinnt Ullrich den Gedanken weiter.

Das muss auch, denn seinen Erfahrungen zufolge fragen die Gäste heutzutage viel öfter und gezielter nach, wollen mehr wissen und sich den einen oder anderen Kniff vom Profi abgucken. Diesen gesteigerten Wissensdurst haben wir ebenfalls der Pandemie und dem über lange Zeit eingeschränkten Zugang zu Cafés und Restaurants zu verdanken.

Konkurrenz vom Home Barista

Barista Christian Ullrich; (c) Landesmesse Stuttgart bzw. IKA Olympiade der Köche / VKD

Seit Corona und den verbesserten Möglichkeiten von zu Hause aus zu arbeiten sind die Verkäufe von Siebträgermaschinen für den Privathaushalt rasant gestiegen. „Die Menschen haben nachgerüstet, sich sogar weitergebildet, um endlich wieder guten Kaffee genießen zu können“, weiß Ullrich. „Als Cafébetreiber muss ich mir jetzt etwas einfallen lassen, um meine Gäste zurück zu gewinnen, denn oftmals bekommen sie zu Hause besseren Kaffee als unterwegs, beim Bäcker oder im Restaurant.“ Es gilt also, Erlebnisse zu schaffen. „Wir brühen beispielsweise Filterkaffee am Tisch auf und beim Servieren stellen wir die besonderen Aromen unserer Kaffee- und Espressosorten heraus. Wenn die Gäste dann die komplexen Aromen, feine Süße der Frucht, die kurze Säure selbst schmecken, fühlen sie sich eingebunden. Genau dann entscheiden sie, ob sie wiederkommen oder nicht“, erklärt der Barista.

Authentizität verkauft

Die Kundschaft ist nicht mehr bereit, viel Geld für schlechten Kaffee auszugeben. Es geht also darum, Individualität zu beweisen und authentisch Werte zu vermitteln. Während Baristi wie Christian Ullrich hochspezialisiert sind und die volle Bandbreite an Kaffee in Perfektion anbieten können, empfiehlt Kaffeeexperte Dr. Steffen Schwarz Betrieben, die das aus personellen Gründen nicht leisten können, sich auf wenige Kaffeespezialitäten zu fokussieren und diese dann „richtig gut“ zuzubereiten. „Der Bäcker ist in der Regel eben kein Italiener – muss er aber auch nicht sein“, so Schwarz. „Ich muss mir überlegen, welche Bedürfnisse ich mit meinem Konzept bedienen möchte. Erwartet mein Kunde ein kleines Frühstück, dem ich mit einem exzellenten Milchkaffee entsprechen kann oder ist es eher der Espresso als Digestif nach einem guten Essen? Danach muss ich mein Angebot ausrichten“, führt Schwarz aus.

Während also der Milchkaffee als Kaffee mit Nährwert und der Espresso als Wachmacher ihren Platz gefunden haben, tun sich Neuheiten wie der viel gelobte Cold Brew Coffee schwer, ihre Nische zu finden. „Wir können Cold Brew Coffee als Durstlöscher analog zu Bier verstehen“, sagt Dr. Steffen Schwarz. „Weniger intensiv, dafür aber noch differenzierter im Geschmack funktioniert das Konzept auch und lässt sich vor allem am Nachmittag oder frühen Abend als Ergänzung auf der Getränkekarte positionieren.“ Der Kaffeeexperte muss es wissen, stellt er doch zusammen mit den Besten der Branche die neuesten Konzepte rund um den Kaffeegenuss auf der INTERGASTRA beim Stuttgart Coffee Summit vor. Noch tiefer in die Materie tauchen die Teilnehmenden beim Coffee Symposium ein. Hier werden die Trends der Szene, die aktuelle Marktsituation und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse diskutiert. Die Welt des Kaffees hat ganz offensichtlich einiges zu bieten. Wer nichts verpassen will, sollte sich ab Januar die Tickets für den Messebesuch sichern.

Weitere Informationen, Texte und Bildmaterial unter www.intergastra.de.

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