Seit Mitte April wartet die Königin der Gemüsesorten darauf, aus ihrem Winterschlaf erweckt zu werden. Durch Erdreich und feine Hauben vor Lichtstrahlen geschützt, streckt sie lediglich in Einzelfällen den feinen Kopf heraus. Die Rede ist natürlich von Spargel, der im vielfältigen Gewand gerade wieder die Fachwelt in Entzücken versetzt. Die heiß geliebten Stangen haben bereits die Märkte, Küchen, Speisekarten und Teller erobert, denn der kulinarischen Anziehungskraft und den vielseitigen Zubereitungsmöglichkeiten kann sich kaum einer entziehen.
Insgesamt gibt es 220 Spargelarten. Unangefochtener Liebling der Küchengemeinde ist der weiße Spargel. Erfassen ihn jedoch Sonnenstrahlen, verfärbt sich der weiße Spargel innerhalb weniger Tage tief violett und nimmt einen deutlich würzigeren Geschmack an.
Grüner Nachfolger für den Thron
In den letzten Jahren läuft der grüne Spargel dem klassischen weißen zunehmend den Rang ab. Er wächst obererdig und bildet aufgrund der Lichteinwirkung den Pflanzenfarbstoff Chlorophyll aus. Wie beim violetten Spargel sorgt das für einen würzigeren Geschmack. Ebenfalls dem Licht ausgesetzt wächst der rote Spargel, der daraufhin den Pflanzenfarbstoff Anthocyanen produziert. Seine rote Färbung fällt mit zunehmendem pH-Wert des Bodens dunkler aus.
Ein ausgesprochener Exot unter den Spargelsorten ist wilder Spargel, der genau genommen den Zwiebelgewächsen zuzuordnen ist. Es handelt sich dabei um Sprossen des Pyrenäen-Milchsterns, die sehr dünne, grünviolette Stangen ausbilden. Geschmacklich sind sie von bitter bis streng einzuordnen.
Alles hat ein Ende
Ganz gleich, ob weiß, grün, violett oder rot – das Ende der Spargelsaison, auch Spargel-Silvester genannt, ist für alle Sorten gleich: Am 24. Juni, zum Johannistag, endet die Spargelzeit traditionell, damit die Pflanzen bis zur nächsten Ernte ausreichend Zeit zur Erholung haben.
Spargel ist wasserscheu
Im Grunde ist es völlig absurd, Spargel zu kochen. Denn das Stangengemüse besteht – ähnlich wie die Gurke – aus über 90 % Wasser. Wasser entzieht dem Spargel beim Kochen jedoch Geschmack. Um diesen zu erhalten, sollte Spargel lieber gebraten oder dampfgegart werden. Gebacken im Pergamentpapier wird der Eigengeschmack des Stangengemüses ebenfalls intensiviert.
Gegen die Tristesse
In den meisten Fällen weicht die Sauce Hollandaise als treue Begleiterin zum Spargel dem Stangengemüse nicht von der Seite. Der Klassiker nach französischer Art mit guter Butter, Weißwein, Eigelb und Zitrone aufgeschlagen wird gerne auch individuell mit Gewürzen wie Chili, Curry oder Orangenzeste abgeschmeckt und mit Kräutern oder Blüten verfeinert. Neben dem traditionellen Duo finden aber auch immer öfter ausgefallene Kreationen ihren Weg auf die Karte.
Von Koch zu Koch – Spargel in 11 Gängen
Geeistes Spargelwasser, eine Idee von Claude F. Gysin-Spitz vom Hotel-Restaurant Pfaffenkeller
Der Spargelfond, der beim Kochen des weißen Spargels übrig bleibt, kann nicht nur zur cremigen Suppe verarbeitet werden, Claude Gysin serviert ihn seinen Gästen als Gruß aus der Küche. Dafür wird der Spargelfond durch ein Passiertuch abgeseit und etwa die Hälfte in Eiswürfelformen eingefroren. Der Rest kühlt auf 8 Grad herunter. Claude schickt das Spargelwasser als aromatisches Amuse Geule im Glas mit Wildkräuterand und Radieschen-Dekor.
Gegrillter Spargel mit Algenpulver und Brombeergel, eine Idee von Tristan Brandt vom Opus V
Weiter geht es mit zweierlei Spargel von Tristan Brandt. Er blanchiert einen Teil des Spargels, grillt ihn anschließend und schneidet ihn in feine Streifen, die er mit einer Mischung aus pürierten Nori-, Kombu- und Wakamealgen bestreut. Die zweite Hälfte des weißen Gemüses salzt Tristan ein, sodass es einiges an Wassers verliert. Mit Mirin, Honig, Mandarinenöl und etwas Salz mariniert er den Spargel.
Den Teller gießt er mit einem Dashi Kombualgen und Bonitoflocken auf und verziert das Stangengemüse mit einem Brombeergel sowie Tosakaalgen, süßsauren Zwiebeln, Toro Kombu, Meerkohl und frischen Brombeeren.
Spargelsalat, eine Idee von Marlene Berger von der Kumpel & Keule Speisewirtschaft
Marlene Berge bringt einen komponentenreichen Spargelsalat auf den Teller. Den gerösteten grünen Spargel mariniert sie dafür mit selbstgemachtem Fichtensprossenessig und kombiniert ihn mit Grapefruitgel, Gurkenpüree. Abgeschmeckt wird mit fruchtigem Grapefruit-Salz.
Monkey Béarnaise, eine Idee von Bartender Axel Klubescheidt
Den passenden Drink zum Spargel serviert Bartender Axel Klubescheidt und mixt dafür Gin, frischgepressten Zitronensaft, Lemon Curd, Eigelb und Fichtensprossen-Estragon-Sirup. Den Drink garniert er mit einer getrockneten Zitronen-Fichtensprossenscheibe.
Spargel-Dashi mit Spargel-Tofu, eine Idee von Tanja Wagner vom Blog House No 15
Bei Tanja Wagner vom Blog House No. 15 treffen japanische Küche und Spargel aufeinander. Sie serviert Spargel-Dashi mit Garnelen und Spargeltofu aus weißem Spargel, Spargelfond, Sahne und Gelatine.
Fermentierter Vorjahresspargel zum Cobia, eine Idee von Stephan Haupt von Scharffs Schlossweinstube im Heidelberger Schloss
Beim Hauptgang von Stefan Haupt wird es edel, denn er legt den Spargel bereits im Vorjahr sauer ein, um ihn über zwölf Monate fermentieren zu lassen. Dazu serviert er marinierten Cobia mit Teriyakilack, marinierten frischen Spargel, fermentierte Shiitake-Mayonnaise, Shiitake-Pilze, gepickelte Perlzwiebeln und Ponzugel. Als Toppping setzt Stefan auf einen Schalotten-Panko Crunch und Schnittlauchöl sowie Oxalis, Blutampfer und Amaranthkresse.
Spargelsalat zu Wildschweinrücken vom Grill, eine Idee von Metin Calis von Sofra del Sol
Für Metin Calis, den Meister am Grill, darf es zum grünen Spargel etwas wilder zugehen. Deshalb kombiniert er zum Spargelsalat mit Dörr-Aprikosen mild geräucherten Wildschweinrücken, den er mit Baharatli würzt. Dazu reicht er Joghurtschmand.
Ochsenbäckchen mit Spargelcreme, eine Idee von Alexander Massenkeil, Executive Chef auf der AIDAnova
Auf hoher See soll Spargel ja noch mal ganz anders schmecken, heißt es. Alexander Massenkeil serviert das edle Gemüse daher nicht nur klassisch, sondern auch als Mousse in einer Goldkapsel aus Spargelwasser, Vanille und Kappa, die er mit Goldpulver einfärbt. Dazu reicht er sous-vide gegarte Ochsenbäckchen, Silberzwiebeln, Babykarotten, Nußbutter-Crunch und gegrillten Lauch.
Geräucherte Meerforelle mit weißem Spargel, eine Idee von Christian Gadient aus der Tapperiet BRUS in Kopenhagen
Wie genießen die Dänen ihren Spargel? Christian Gadient weiß es und serviert seinen Gästen eine Abwandlung des klassischen Spargelgerichts. Zum flambierten Spargel gesellt sich eine Wachholder-Grapefruit-Hollandaise, ein Kräuterbouquet und Meerforelle. Den Fisch mariniert Christian über sechs Stunden und räuchert ihn anschließend über Wachholdersträuchern.
Spargelcreme mit weißer Schokolade und Sauerampfer, eine Idee von Nico Kuckenburg vom Restaurant Ole Deele
Patissier Nico Kuckenburg interpretiert den Spargel als Creme im Dessert zu Sauerampfer-Pudding und weißer Luftschokolade sowie Kräuter-Lufteis aus Petersilie, Liebstöckel und Birnenpüree.
Spargel mit Erdbeersorbet und Fenchelganache, eine Idee von Phillip Probst vom Restaurant Mulberry Street im Hotel Liberty
Und auch Phillip Probst serviert den Spargel gerne süß. Er bereitet aus Fenchelpollen, weißer Kuvertüre, Sahne und Butter eine Ganache zu, die er zu süß eingelegtem Spargel, Spargelmarmelade und Erdbeersorbet kredenzt. Dekoriert wird mit frischen Erdbeeren und Bronzefenchel.
Alle Rezepte zum Nachlesen im Fachmagazin Küche
Bon Appetit!