Seit mehr als 24 Jahren kultivieren Gerhard und Angela Daumüller mit ihrem Team vom Keltenhof auf der fruchtbaren Filderebene Salate, Gemüsesorten und Kräuter. Durch unermüdliches Ausprobieren und Dazulernen ist das Sortiment immer vielfältiger geworden. Beinahe vergessene Arten wurden kultiviert und ins Programm aufgenommen, sodass heute auch deliziöse Unkräuter und essbare Blüten die Teller der Spitzengastronomie zieren. Mit zarten Baby und Micro Leafs trat der Keltenhof in Deutschland eine kulinarische Revolution los und vor kurzem präsentierte das Unternehmen erstmals wilden Brokkoli und Blumenkohl. Täglich geht der Feldzug für den guten Geschmack weiter.
Bodenständige Landwirtschaft, modern interpretiert
Der Keltenhof ist ein organisch gewachsenes, inhabergeführtes Unternehmen, das für seine Bodenständigkeit und Zuverlässigkeit bekannt ist. Beim Besuch auf dem Keltenhof ist Gerhard Daumüller gerade dabei, Sommerblumensamen auszubringen. „Wir legen zwischen den Gewächshäusern und Feldern breite Blühstreifen an für unsere fleißigsten Mitarbeiter an“, sagt Keltenhof-Chef. Gemeint sind natürlich die Insekten, allen voran die Bienen, die ein Stückchen weiter in hölzerne Kästen wohnen und für die Bestäubung der Pflanzen zuständig sind.
Eigentlich ist heute sein freier Tag, aber Gerhard Daumüller nimmt sich dennoch Zeit, uns durch sein kleines Kräuterimperium zu führen. Zuerst fallen uns die halbrunden, saftiggrünen Kleebüsche auf. Die ältesten wachsen seit zwölf Jahren in der Keltenhof-Obhut. Berühmt berüchtigt ist der Keltenhof für den Oxalis-Klee in tiefem Dunkelrot, der sich durch die Säurenote auszeichnet. Das Blatt ist zum Symbol für den Kräuterhof geworden und ziert Kataloge, Banner und Produktverpackungen.
Weiter hinten verströmen essbare Blüten einen leichten Duft. „Wir schneiden sie überwiegend mit der Hand, um die Pflanzen zu schonen“, erklärt Gerhard Daumüller. Die zarten Schönheiten legen seine Mitarbeiter in gepolsterte Schalen, damit sie in voller Pracht die Küchen der Spitzenrestaurants erreichen. Bedingungslose Spitzenqualität, dafür ist der Keltenhof bekannt. Deshalb setzt Gerhard Daumüller vor allem im Winter auf Partner, die bessere Voraussetzungen für die Pflanzen bieten. Denn während die Kräuter in unseren Breitengraden noch gut gedeihen, brauchen die Frisée-Salate mehr Licht und höhere Temperaturen. „Das lässt sich so nicht nachahmen, also arbeiten wir mit Plantagen in Spanien und Portugal zusammen, die dieselben Prinzipien wie wir verfolgen“, sagt Gerhard Daumüller. „Im Winter ist das Klima dort genial: Kein Frost und dennoch ist es nachts kühl. Das verlangsamt das Wachstum der Pflanzen und kommt der Qualität und Haltbarkeit unserer Produkte zugute.“
Als Landwirtschafter sieht Gerhard Daumüller sich in der Verantwortung, die Welt mit besten, nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu versorgen und mit seinem Einsatz die Welt ein bisschen grüner zu machen. „Wir haben die Chance, etwas zu bewegen und zu verändern. Deshalb liegen mir gesellschaftliche Themen wie der Klimawandel sehr am Herzen“, sagt der Landwirt und Gärtnermeister. „Ich bin allerdings nicht der Typ, der lange Reden schwingt, ich packe lieber direkt an! Wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf eine Sackgasse zu. Wir müssen jetzt etwas ändern!“
Wie setzt ihr euch für eine nachhaltigere Gastronomie ein? Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Branche und für den Keltenhof? Wie sieht das in der Praxis aus?
Es ist Teil unserer Aufgabe, die Erde für die kommenden Generationen zu bewahren – wenn möglich, sogar zu einem besseren Ort zu machen. Deshalb gehört nachhaltiges Arbeiten für mich zur Grundhaltung. Ich möchte mit der Marke Keltenhof ehrliche Lebensmittel anbieten, die ressourcenschonend und unter möglichst natürlichen Umständen produziert werden. Wir haben Methoden entwickelt, unsere Pflanzen auf natürliche Weise zu schützen: Wir verwenden wasserdurchlässige Bodengewebe oder ziehen mit speziellen Maschinen Furchen zwischen die einzelnen Pflanzen, um den Boden zu lockern. So haben Schadinsekten und unerwünschte Unkräuter kaum eine Chance.
Nachhaltigkeit zeichnet sich für mich auch im Umgang mit den Mitarbeitern aus. Wissen teilen wir, Erfahrungen machen wir gemeinsam. Ich binde meine Leute, soweit es geht, überall mit ein. Als Inhaber des Unternehmens muss ich Werte vorleben und die Mannschaft so besetzen, dass alle die gleichen Ziele verfolgen.
Kommuniziert ihr euren Einsatz für mehr Nachhaltigkeit in der Gastronomie nach außen?
Selbstverständlich! Wir setzen auf aktives Storytelling auf allen Kanälen. Das gehört einfach dazu. Wir besuchen Messen, organisieren eigene Kundenveranstaltungen bei uns auf dem Hof, tragen unsere Botschaft über die sozialen Kanäle weiter und schaffen mit dem JRE Genussnetz einen Marktplatz für Gleichgesinnte. Der Keltenhof war schon immer eine Netzwerkplattform. Das Netzwerk aus Köche und Partner gilt es zu pflegen. Dadurch stärken wir auch die Marke Keltenhof.
Wie vermarktet ihr eure Produkte und wie positioniert ihr den Keltenhof als Marke? Auf welche Kanäle zur Vermarktung setzt ihr?
Gerade ist die zweite Ausgabe unseres Keltenhof-Genusskatalogs im Druck. Darin stellen wir natürlich unser aktuelles Sortiment vor, zeigen aber auch, wie wir arbeiten oder wo die Produkte herkommen.
Für den Vertrieb unserer Kräuter, Salate und Gemüse setzen wir auf Frischepartner. Eine Direktlieferung über eine Spedition käme für uns nicht in Frage, die Mengen sind einfach zu gering und das wäre nicht nachhaltig. Auch per Post ginge es nicht. Dafür sind unsere Produkte zu empfindlich.
Verstehst du dich selbst als Marke?
Ich verstehe mich selbst nicht als Marke, auch wenn mir das oft nachgesagt wird. Vielmehr bin ich Teil der Marke Keltenhof. Für mich steht immer der Keltenhof im Fokus.
Welche Strategie verfolgt ihr für den Keltenhof?
Wir arbeiten mit dem Besten, was die Natur uns zur Verfügung stellt. Nichtsdestotrotz streben wir eine permanente Verbesserung der Qualität unserer Produkte an. Um sich am Markt zu behaupten müssen wir zudem die Innovationskraft des Keltenhofs aufrechterhalten. Wir haben damals Wildkräuter in Deutschland etabliert und als erste essbare Blüten und Baby Leafs am Markt angeboten.
Damit auch andere verstehen, was für Produkte wir anbieten und welchen Qualitätslevel wir durch unsere Kulturverfahren erreichen, ist es wichtig, unsere Vertriebspartner entsprechend zu schulen.
Welche Rolle spielen Spitzenköche für den Keltenhof? Wie tretet ihr an sie heran?
Ich verstehe Spitzenköche als treibende Kraft für Ernährungstrends und glaube, dass sie bestimmte Tendenzen für die Gastronomie einleiten. Heute ist die nordische Küche, was früher die französische oder mediterrane Küche war. Solche Entwicklungen kommen aus der Branche und beeinflussen, was am Markt angeboten wird.
Bei uns ist das nicht anders. In den letzten Jahren hat sich da eine Eigendynamik entwickelt. Köche berichten von Erfahrungen, die sie gemacht haben, einer ganz bestimmten Geschmacksnote, die sie suchen und wir versuchen, sie auf dem Weg zu begleiten. So entwickeln wir neue Produkte in enger Zusammenarbeit und finden passende Kulturmöglichkeiten dafür. Wir sind in der Lage, die Wünsche der Köche schnell umsetzen und nehmen die neuen Produkte auch ins Sortiment auf, wenn wir davon überzeugt sind, dass sie zu uns passen.
Allerdings bin ich davon überzeugt, dass besondere Produkte nicht breit angeboten werden sollten, sondern lieber einer spitzen, exklusiven Zielgruppe. Das rate ich allen kleineren Produzenten. In der klassischen Gastronomie ist der Druck oft sehr hoch. Um die Margen zu halten, müssten wir zum Beispiel deutlich größer Mengen verkaufen. Da muss man sich entscheiden, was man will: Masse oder Klasse.
Kommt eine Zusammenarbeit allein durch Mund-zu-Mund bzw. Empfehlungsmarketing zustande?
Nach 24 Jahren am Markt ist das positive Feedback unserer Kunden entscheidend. Was gefällt, wird weiterempfohlen. Gerade in der Gastronomie kennen sich alle untereinander und sind in der Regel gut vernetzt. Fehler sprechen sich da schnell rum. Wir scheinen es nicht ganz schlecht angestellt zu haben: Fast jeder in der Spitzengastronomie im deutschsprachigen Raum kennt uns und setzt mindestens eines unserer Produkte ein.
Was steckt hinter dem JRE Genussnetz? Warum wurde es gegründet? Was wollt ihr erreichen?
Das JRE Genussnetz wurde von JRE Mitglieder gegründet, damit sich kleinere Produzente und Manufakturen besser am Markt positionieren können. Die Vernetzung und gegenseitige Unterstützung hilft dabei ungemein. Um eine Art Exklusivität zu gewährleisten, regulieren wir unser Wachstum selbst durch strenge Voraussetzungen für die Aufnahme neuer Mitglieder.
Wir wollen in Deutschland die Reichweite noch erhöhen. Es ist geplant, die Produkte der JRE Manufakturen mit einem Label zu versehen, mit dem wir zeigen, dass es sich um Spitzenprodukte für die Spitzengastronomie handelt.
Wie können kleine Erzeuger sich gegen die Industrie behaupten?
Kleine Erzeuger sollten die eignen Vermarktungschancen erkennen. Im Verbund ist das leichter, vor allem, wenn man die Vermarktungswege zusammenlegt. Da gibt es oft Parallelen. Das Blödeste, was kleine Produzenten in meinen Augen tun können, wäre, ihre Waren anonym anzubieten oder sogar unter anderem Lable zu vertreiben. Der Markenname und die Wertigkeit der Produkte sollten erkennbar bleiben, dann kann man auch als kleiner Produzent erfolgreich sein.
Der Artikel erschien zuerst in der Gastrotel 3