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Festivalkoch Jakumeit: Harder, faster, louder

Köche gelten als Rockstars. Und während einige wie Superstars gefeiert werden und sich einer wachsenden Fangemeinde erfreuen, leben andere tatsächlich das Leben eines Rock’n‘Rollers. Ralf Jakumeit – langer Bart, wilder Iro, Tattoos und gefühlt immer in Flammen – ist einer dieser Rockstars. Mit seiner Crew, den 2008 gegründeten Rocking Chefs, tourt er im Sommer von Festival zu Festival. Zwischendurch nimmt er noch das eine oder andere Grillevent mit. Eine Rampensau sondergleichen also.

„Festival ist nur was für Berufsköche“

Mit ungelernten Kollegen geht Ralf Jakumeit eine Veranstaltung wie das Festival Rock im Park gar nicht erst an. „Koch ist nicht umsonst ein Lehrberuf! Was wir hier leisten, können ungelernte Kräfte nicht in der Ausführung und Qualität“, sagt der Koch, der sich als Küchenchef bereits zwei Kochmützen und 16 von 20 Gaut Millau Punkte verdient hat. Der gebürtige Straubinger ging nach seiner Kochausbildung zur Marineversorgungsschule in List auf Sylt, wo er zum Koch ausgebildet wurde. Danach zog er durch renommierte Häuser in der Gastronomie, um Erfahrungen zu sammeln.

„Bei einem Festival wie dem Rock im Park reicht es nicht aus, gut kochen oder grillen zu können. Da gehört viel mehr dazu und deshalb arbeite ich nur mit gelernten Köchen“, betont der Festivalkoch. In der klassischen Küche fehlten den Männern, mit denen er heute arbeitet, oftmals der Kontakt zu den Gästen und das direkte Feedback. Sie alle sind hungrig nach Grenzerfahrungen und genau diese finden sie als Rocking Chefs beim Catering für Veranstaltungen wie dem Rock im Park Festival.

Seit fünf Jahren ist Ralf Jakumeit mit seinem Team hier für die Verpflegung vom Frühstück bis zum Mitternachtssnack in der VIP-Lounge verantwortlich. Vor zwei Jahren kam noch die Artist-Lounge hinzu. „Es ist ein totaler Kick, wenn du das Publikum jeden Tag aufs Neue begeistern kannst“, sagt Festivalkoch Ralf Jakumeit. Der nächste große Coup ist ebenfalls schon in Planung: Ralf und seine Leute arbeiten an einem Konzept für das nächste Wacken Open Air, eines der größten Heavy-Metal-Festivals Europas.

Monatelange Vorbereitung für vier Tage Festival

Für das Catering einer Großveranstaltung wie einem Festival, braucht es viel Planung und Vorbereitung. „Wir basteln an den Rezepten und schauen, was wir machen können, was zur Veranstaltung und zum Publikum passt“, führt Ralf aus. „Einen Monat vorher beginnen wir mit der Produktion. Saucen und so lassen sich gut vorproduzieren und dann einwecken.“ In der letzten Woche vor Beginn steigt die Anspannung. Tag und Nacht wird in dieser heißen Phase gearbeitet, dann geht es endlich los zum Festival. Drei Anhänger, vollgepackt mit Equipment, ziehen die Rocking Chefs zur Veranstaltung. Laut aufgedrehte Musik darf da natürlich nicht fehlen.

Heavy Metal und Rock dröhnen auch während des Aufbaus der insgesamt sieben Stationen, an denen die Profis allein oder als Duo kochen werden, aus den Boxen. Die nächsten Tage werden intensiv und arbeitsreich. Bereits um 8.30 Uhr kommen die Köche zum Mis en Place zusammen. Für die Gäste soll es erst mal Kleinigkeiten wie Tartelettes, Saté-Spieße und Gebäck zum Kaffee am Morgen geben. „Man kann sich das bei uns so vorstellen, dass alle Gänge wie bei einer Bühnen-Show inszeniert und über den Tag verteilt werden. Das ziehen wir voll durch bis Montagfrüh“, erklärt Ralf Jakumeit. Geschlafen wird während des Festivals wenig. Sein Küchenteam bedeutet für ihn Familie, die er nach eigenem Beispiel zu Höchstleistungen motiviert. „Auf solchen Festivals sind wir nicht nur als Köche gebucht, sondern wie ein Show-Act, vergleichbar mit einer Band“, erklärt Ralf. „Wir begeistern die Gäste nicht nur mit genialem Essen, wir schaffen unvergessliche Erlebnisse. Unser Ziel ist es, dass sie nicht unterscheiden können, ob wir als Band oder Kochteam auftreten.“

Das gelingt unter anderem mit Ralfs Grillwaffe der Superlative: Die Hydra. Sie bringt es auf eine Gesamthöhe von 250 Zentimetern, einen Durchmesser von 160 Zentimetern und eine Leistung von 30 Kilowatt. Die 35.000 Euro teure Spezialanfertigung ist ein wahres Grill-Monster, mit dem auf offener Flamme gegrillt wird.

Gefragter Show-Act: Der Handjob

Für Aufsehen sorgt das Rocking Chefs Team auch mit dem Handjob, ein Gang, der direkt auf der Hand der Gäste angerichtet wird. Sieben Arbeitsschritte und zwei Mitarbeiter sind dafür nötig. „Zuerst sprühen wir den Handrücken mit Salzspray ein. Darauf legen wir ein Stück gegrillten Offiziersbarsch, spritzen eine Avocado-Yuzu-Sake-Creme auf und garnieren mit Balsamicoperlen, Karottenfritt, Lauchstroh sowie gezupftem Kerbel – ein Mundvoll geballter Genuss!“, beschreibt Ralf seine Snackidee, die vor allem vormittags zwischen Frühstück und Mittagessen gefragt ist. „Der Handjob ist für uns eine geniale Gelegenheit, um mit den Gästen ins Gespräch zu  kommen. Wir können unser Angebot für den Tag kommunizieren und heraushören, wo es Bedarf gibt oder was die Leute sich zum Mittag wünschen. Darauf können wir direkt reagieren. Das kommt an.“

Um als Festivalkoch zu funktionieren, braucht es also nicht nur Können am Herd oder am Grill, sondern auch Erfahrung im Job und Entertainer-Fähigkeiten.

Kompromissloser Qualitätsanspruch

Das Konzept für die Lounges steht und funktioniert, aber ein Wagen auf dem Festivalgelände wäre ebenfalls interessant für Ralf. „Dafür müssten wir allerdings Gerichte entwickeln, die einerseits konkurrenzfähig zu Klassikern wie Currywurst und Pommes sind, andererseits aber unserem hohen Qualitätsanspruch entsprechen. Daran würde ich definitiv nichts ändern!“, beteuert der Festivalkoch. „Wenn das Ding nicht rund ist, mach ich es nicht und sage eine Veranstaltung auch schon mal ab.“

Aus Erfahrung weiß der Profi ebenso, dass Buffets bei Großveranstaltungen wie dem Rock im Park Festival nicht funktionieren. „Das sieht nur fünf Minuten gut aus. Später musst du aber die Hälfte wegschmeißen. Das ist ein reines Draufzahlgeschäft und Lebensmittelverschwendung. So etwas machen wir nicht.“ Ganz oder gar nicht, das ist typisch für die Küche von Ralf Jakumeit.

Cool as hell

Wenn es die Zeit erlaubt, feiern die Köche auch mit dem Publikum zu Black Sabbath, Metallica oder Iron Maiden. „Für Slipknot haben wir unseren Posten schon mal geschlossen. Erst gehen wir wie die Wahnsinnigen vor der Bühne ab, dann stehen wir wieder an der Station. Das ist einfach geil!“, berichtet Ralf. „Übrigens: Unser Kameramann hat es durch intensivstes Crowdsurfing mal ganz bis nach vorne geschafft. Die Crew ist einfach der Hammer. Alle haben Spaß am Kochen und natürlich an der Musik.“

Manches Erlebnis verschlägt aber selbst dem wackersten Festivalkoch die Sprache. Zum Beispiel, wenn Marilyn Manson ungeschminkt in den Artist Bereich spaziert. Dass einer der größten Metal-Künstler aller Zeiten bei ihnen gegessen hat, erfuhren die Rocking Chefs allerdings erst später, denn sie haben den Musiker ohne sein auffälliges Bühnen-Make-Up nicht erkannt. „Wir hätten gerne ein Bild mit Manson gemacht. Beim nächsten Mal schauen wir genauer hin!“, schwören sie.

Montagnachts um 4 Uhr ist der Spaß wieder vorbei. Die Jungs freuen sich auf richtige Betten, eine heiße Dusche und auf ihr Zuhause. Auch die härtesten Köche sind eben doch nur Menschen.

Der Artikel erschien zuerst in der Küche Nr. 8

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